Bio- und Naturparfüms fristen im direkten Vergleich zu konventionellen Düften noch immer ein Nischendasein. Wir haben uns den Markt insgesamt mal näher angeschaut. Warum tut sich Naturparfum in diesem riesigen Markt der Düfte so schwer?

In Teil 1 (Warum man lieber zu Naturparfum greifen sollte) haben wir uns damit beschäftigt, wieso es empfehlenswert ist, besser Bio- und Naturparfums zu verwenden. Obwohl es einige Gründe gibt, die deutlich für Naturparfums sprechen, gibt es im Verhältnis zu konventionellen Düften noch immer sehr wenige am Markt. Die Vielfalt und Auswahl ist bei weitem nicht so groß wie bei konventionellen Parfums. Für den interessierten Kunden ist es zudem im lokalen Umfeld recht schwierig Bio- und Naturparfums zu erwerben. Warum Naturparfüm noch immer in der Nische steckt, haben wir uns in diesem Beitrag einmal näher angeschaut.

Warum gibt es noch so wenig Naturparfum-Düfte?

Zu stark ist die Lobby der Parfumhersteller, die jährlich immer neue Düfte (~400 Jahr, davon ~260 für  Frauen) mit riesigen Marketingbudgets in den Markt drücken. Nahezu jeder A, B, C und auch Z-Promi bzw. Sportler vermarktet inzwischen einen Duft unter seinem Namen, damit jeder Fan sich mit dem „Promiparfum“ noch intensiver an sein Vorbild gebunden fühlt.

Hinzu kommen die ganzen Designer sowie die klassischen Parfumhäuser, die ebenfalls alle entsprechende Duftlinien kreieren. Alle diese Parfums werden inzwischen zu einem großen Anteil aus synthetischen Duftstoffen hergestellt. Synthetische Duftstoffe sind günstig in der Herstellung und die Gewinnspanne entsprechend hoch. Um die Düfte am Markt zu platzieren, werden dann bekannte (Promi)Namen und / oder entsprechende Summen in die Hand genommen, um eben den Konsumenten zum Kauf zu animieren. Nach ein / zwei Saisons kann man diese Düfte dann durchaus häufig auf dem Grabbeltisch für kleines Geld finden, denn die Floprate der jährlich erscheinenden neuen Düfte liegt bei 60-70 Prozent.

Große Marken und klassische Parfumhäuser haben zwar den Anspruch, neue Kreationen für längere Zeiträume zu schaffen, aber auch hier gilt: was sich nicht am Markt bewährt, wird eingestampft. Auch von diesen Parfums sind nach 10 Jahren die wenigsten noch erhältlich. Schließlich kommen jedes Jahr  viele neue Düfte auf den Markt, die um die Gunst des Konsumenten buhlen. Ausnahmen gibt es sicherlich in der Haute Parfumerie, bei der natürliche und synthetische Duftstoffe kombiniert miteinander verwendet werden. Entsprechend teuer können solche Düfte dann aber auch sein, denn beispielsweise kostet natürliches Rosenöl pro Liter jenseits der 10.000 Euro, riecht dann aber auch anders als synthetische Rose.

Erschwerend kommt hinzu, dass mehr als die Hälfte des Marktes von fünf Aromaherstellern kontrolliert wird (Givaudan, Firmenich, IFF, Symrise und Takasago), bei denen die meisten bekannten Parfumeure arbeiten und bei denen aus Duft- und Aromastoffen direkt das gewünschte Produkt für Mode- und Luxusmarken komponiert wird. Stars, Designer und Marken bekommen quasi alles aus einer Hand, fertig geliefert. Entsprechend schnell lässt sich ein neuer Duft kreieren und auf den Markt bringen.

Hersteller von Bio- und Naturparfums sind dagegen in der Regel kleinere Unternehmen, die bisher auf einen anderen Kundenstamm abzielen, um sich einen Markt zu erarbeiten. Bio- und Naturparfums sind bis dato nahezu gar nicht im Drogeriemarkt erhältlich und nur selten in Parfumerien, sondern werden über Biomärkte, Reformhäuser und Apotheken vermarktet. Zusätzlich gibt es sie in eigenen oder entsprechend spezialisierten Onlineshops. Naturparfums haben also anders als Naturkosmetik (welche inzwischen über alle Vertriebswege vermarktet wird) noch lange nicht die breite Masse erreicht.

Dementsprechend fehlen den kleinen Herstellern auch die großen Marketingbudgets, entsprechende Düfte in den Markt zu drücken bzw. einen Markt zu erschaffen. Vielleicht scheuen die Hersteller von Bio- und Naturparfums auch schlichtweg das Risiko, aus der Nische heraus zu treten und offen gegen die großen Marken und Aromahersteller anzutreten. Einer Marke wie Primavera wäre es als Hersteller von ätherischen Ölen ein leichtes, auch passende Parfums zu kreieren und zu vermarkten. Bisher hat man von einer einzigen Limit Edition in 2011 aber davon abgesehen eigene Naturparfums auf den Markt zu bringen. Andere Firmen wie Taoasis sind da mit eigenen Duftlinien schon weiter.

In dem Moment, in dem man den Sprung aus der Nische wagt, beginnt ein wenig der Kampf David gegen Goliath. Die Frage wäre nur, ob David den Kampf gewinnen kann? Denn man betritt als Hersteller in dem Moment auch ein anderes Marktsegment und setzt sich dem Risiko aus, bei Erfolg schlichtweg aufgekauft oder platt gemacht zu werden. Ein gängiges Vorgehen in vielen anderen Märkten, in denen erst einmal geschaut wird, ob sich Erfolg einstellt und dann wird der Markt einfach durch Übernahme oder aggressives Marketing bereinigt. Ebenso müsste man als kleines Unternehmen viel Geld in die Hand nehmen, um eine Produktlinie zu etablieren und um gegen die riesigen Marketingbudgets der etablierten Konzerne anzutreten. Das Ganze ohne eine Erfolgsgarantie.

Nicht nichtsdestotrotz wäre der Markt groß genug für alle und ganz offensichtlich sehen die großen Aromahersteller zur Zeit wohl auch keinerlei Gefahr von Seiten der Bio- / Naturparfums Nische. Auch wenn man in den Konzernen sicherlich den Trend zu mehr Natürlichkeit bereits erkannt hat und Parfumtests wie in der Ökotest (wo Naturparfum neben konventionellen Düften getestet wurden, siehe auch Thema Düfte Teil 1) aufgeschreckt haben dürften.

Naturkosmetik vs. Naturparfum

Vergleicht man Naturparfum mit Naturkosmetik im Allgemeinen fällt folgendes auf: Naturkosmetik ist ein absoluter Wachstumsmarkt (10% Wachstum, bei 8% Marktanteil in 2015, als Vergleich: 2,5% Wachstum bei konventioneller Kosmetik). Naturparfum hingegen döst noch in einem Dornröschenschlaf vor sich hin.

Naturkosmetik gewinnt zunehmend an Bedeutung und immer mehr Menschen sehen in Naturkosmetik eine echte Alternative zur konventionellen Kosmetik. Für viele Konsumenten, die zur Naturkosmetik greifen, stehen Natürlichkeit, Gesundheit, Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und bessere Inhaltsstoffe klar im Fokus der Kaufentscheidung.

Eben genau dieselben Kriterien gelten auch für Bio- und Naturparfum. Nur in den Köpfen der Konsumenten ist dies noch nicht angekommen oder wird eben noch nicht entsprechend wahrgenommen. Derselbe Konsument, der für die tägliche Pflege zu Naturkosmetik greift, nutzt im selben Atemzug in der Regel Düfte und Parfums aus weitestgehend synthetischen Inhaltsstoffen, die sich auch in herkömmlicher Kosmetik findet. Denkt man einmal genauer über diesen Punkt nach, ist es eigentlich ein Widerspruch in sich. Dort wo ein großer Markt für Naturkosmetik existiert, müsste also eigentlich ein nahezu ebenso großer Markt für Bio- und Naturparfums existieren.

Erfreulich ist, dass sich in dem Markt so langsam etwas tut und nach und nach mehr Bio- und Naturparfums aufgelegt werden. Einige davon werden wir euch in den nächsten Tagen vorstellen. Schon so viel: So manches Naturparfum muss sich nicht hinter konventionellen Düften verstecken.

Naturparfum - Vorteile gegenüber konventionellen Parfums
Einige Bio- und Naturparfume

Marktanteil von Naturdüften

Auch wenn es inzwischen diverse Manufakturen gibt, so ist der Marktanteil im direkten Vergleich zu konventionellen Düften noch geschwindend gering. Noch schwieriger ist es, die Düfte vor Kauf tatsächlich „Probe zu riechen“, denn die Verfügbarkeit an Testern bzw. an lokalen Händlern, die Naturparfum führen, ist gegenüber herkömmlichen Parfums leider überschaubar. Daher greifen viele interessierte Konsumenten weiterhin zu konventionellen Düften, die sich vor Ort testen lassen, selbst wenn das Interesse an einem Naturparfum durchaus vorhanden wäre.

Viele mit denen wir über das Thema gesprochen haben meinten, das Naturparfum für sie durchaus eine Alternative darstellen würde, aber man eben den Duft für sich noch nicht gefunden hätte und es eben schlichtweg an Möglichkeiten des „Durchriechens“ fehlt.

Wer will schon gerne die Katze im Sack kaufen, denn gerade Düfte interpretiert jeder anders. Düfte steuern unsere Emotionen, beeinflussen unsere Gefühlswelt. Jeder riecht anders und verbindet mit unterschiedlichen Düften unterschiedliche Gegebenheiten. Ein Parfum anhand einer blumigen Beschreibung und anhand einer genannten Duftrichtung in einem Onlineshop blind zu kaufen, kann sehr schnell auch sehr frustrierend enden. Die fehlende Listung von Naturparfums im breiten Einzelhandel dürfte somit noch einer der Hauptgründe darstellen, warum der Marktanteil noch immer recht klein ist.

Ein weiteres Problem dürfte – wie oben schon angemerkt – die Marktmacht der großen Konzerne darstellen. Im direkten Vergleich ist der Markt Naturparfum vs. konventionelles Parfum schlichtweg ein wenig wie David gegen Goliath. Die Masse der konventionellen Düfte mit tollen Werbeaussagen und kommunizierter Emotion ist für den Konsumenten viel präsenter.

Darüber hinaus fehlt es in der Bio- und Naturparfumerie schlichtweg noch an kreativen Duftrichtungen und Variationen. Hier wäre sicherlich noch sehr viel mehr möglich, aber aktuell gehen viele Düfte in eine zitruslastige oder blumige Richtung. Es fehlen Düfte mit pudrigen, seifigen, herben, würzigen und orientalischen Noten. Das ist sicherlich deutlich schwerer ohne synthetische Inhaltsstoffe umzusetzen, aber es wäre durchaus möglich. Die Frage ist allerdings, wo solche Parfums preislich einzuordnen wären, denn viele ätherische Öle haben eben auch ihren Preis.

Bio- und Naturparfum in der Vermarktung

Bio- und Naturparfum brauchen ein ganz klares Alleinstellungsmerkmal (USP) in der Vermarktung und dieses wird von den meisten Herstellern schlichtweg noch nicht richtig und ausreichend kommuniziert. Die Chance zur Wettbewerbsdifferenzierung müsste viel mehr auf nachhaltige Marke, nachhaltigen Luxus, natürliche Inhaltsstoffe, entsprechende Zertifizierung und Zielgruppen (Individualisten, Trendsetter) ausgerichtet werden, als es bisher der Fall ist. Meist ist die Ausrichtung noch zu stark am Ökoliebhaber orientiert, während die Naturkosmetik die Öko-Nische bereits verlassen hat und durchaus schon als Mainstream bezeichnet werden kann. Klassische Parfumhersteller und Marken vermitteln dagegen mit jedem neuen Duft ein entsprechendes Lebensgefühl, das marketingtechnisch bis ins letzte ausgeschlachtet wird und entweder auf eine Person gemünzt oder auf Sport und Abenteuer.

Etwas, das auch für Hersteller von Bio- und Naturparfum durchaus in Betracht käme, wenn auch mit kleineren Budgets, denn die Milliardenbudgets der Branche stehen ihnen nicht zur Verfügung. Zusätzlich wäre der Sprung aus der Nische in den stationären Handel der Parfumerien ein wichtiger Schritt. Bis dato ist aber bspw. bei Douglas nur Weleda gelistet. Ein Ziel aller Bio- und Naturparfum-Hersteller müsste es sein, dass in jeder Parfumerie ein Teilbereich deutlich für Bio- und Naturparfum reserviert wäre, ähnlich wie es bereits bei Naturkosmetik in jeder Drogerie oder auch Parfumerie längst der Fall ist.

Ebenfalls ein Problem ist, dass viele Hersteller von Bio- und Naturparfums von den gewohnten Größen der Flakons abweichen. Die klassischen Größen 30ml / 50ml und 100ml bieten bisher bei weitem nicht alle Hersteller an. Dies wäre allerdings sinnvoll, denn das sind die im Einzelhandel und in den Köpfen der Konsumenten bekannten Größen.

Wenn man diesen Punkt genauer betrachtet, so ist durchaus nachvollziehbar, warum man von diesen Größen abweicht. So sollten Bio- und Naturparfum nach dem Anbrechen innerhalb von 12 Monaten verbraucht werden. Bei konventionellen Parfums wird ein Zeitraum von 3-5 Jahren kommuniziert.

Dennoch löst eine solche Abweichung bei Konsumenten ggf. erst einmal eine „Irritation“ aus, der Kunde ist vor einem Regal mit vielen Produkten, die um seine Aufmerksamkeit buhlen, noch einem zusätzlichen „Nachdenken“ ausgesetzt. Unterbewusst greift er dann vielleicht doch zum „Altbekannten“ und den im Handel standardisierten Größen. Es ist wie überall und auch marktübergreifend: Viele Hersteller von gleichen Produkten haben sich auf dieselben Verpackungseinheiten verständigt, um den Kunden nicht zusätzlichen unnötigen Reizen auszusetzen.

Fazit

Gegen die großen Parfumhersteller anzukommen, wird für Naturparfum sehr schwer werden. Wenn man aber versuchen würde, noch mehr den immer größer werdenden Markt von Naturkosmetiknutzern anzusprechen, dürften auch Naturparfums eine reelle Chance haben noch deutlich mehr Marktanteile zu erobern. Der Markt potenzieller Kunden ist riesig. Marketing, Reichweite und Verfügbarkeit sind momentan das Hauptproblem.

Im Bereich des Marketing müssten die Hersteller noch verstärkter auf bekannte Verpackungseinheiten zurückgreifen und noch mehr versuchen, dem Konsumenten ein natürliches Lebensgefühl zu vermitteln. Zusätzlich müsste – wie auch bei konventionellen synthetischen Parfums – noch eine starke Emotion verkauft werden, z.B. über ein Werbegesicht, ein Sponsoring oder ähnliches. Es reicht heute nicht mehr aus, mit dem Worten Abenteuer, Meisterwerk oder einem Siegel zu werben. Der Konsument erwartet heute mehr und will in unserer Konsumgesellschaft aggressiv umworben werden.

Darüber hinaus müssen Bio- und Naturparfum raus aus der Nische der Onlineshops, Biomärkten und Apotheken und versuchen sich noch mehr in Kaufhäusern und Parfumerien zu positionieren. Die breite Masse muss erreicht werden und die Möglichkeit bekommen, an Bio- und Naturparfumen riechen zu können. Ebenso wichtig wäre es, noch deutlich mehr Duftvarianten zu bieten, so dass das gesamte Spektrum der konventionellen Parfums abgedeckt wird.

Ein erster Schritt wäre es, ein entsprechendes Marketingbudget für Pröbchen anzudenken. Wir sind uns bewusst, dass das nicht dem Nachhaltigkeitsgedanken par excellence entspricht, doch sollte eigentlich jeder Hersteller eine Landingpage erstellen, auf der sich interessierte Kunden bis zu drei kleine Pröbchen bestellen könnten – selbstverständlich kostenlos. Es müssten noch nicht einmal Miniflakons sein, sondern bspw. zweilagige Papierstreifen, die man in einem einfachen Briefumschlag versenden könnte und die für einen einmaligen Test völlig ausreichend wären. Die Erreichbarkeit und Reichweite bei interessierten Kunden würde sich dadurch bereits deutlich erhöhen.

Vorstellung von Bio- und Naturparfums

In den nächsten Tagen werden wir euch diverse Bio und Naturparfums vorstellen, die wir intensiv testen und riechen konnten. Wir werden euch unsere ehrliche Einschätzung zu den Düften geben. Unsere schriftliche Einschätzung kann aber eben niemals das persönliche Riechen ersetzen.

Mal die Frage an euch: Führen bei euch in der näheren Umgebung Läden Bio- und Naturparfum? Denn selbst in einer Großstadt wie Köln ist das Angebot der Händler, die Bioparfum / Naturparfum führen, übersichtlich.

7 Kommentare

  1. Ein richtig toller Artikel! Ich finde auch dass es noch zu wenig Düfte gibt, die z.B. pudrig oder orientalisch duften. Ich mag besonders den Granatapfel Duft von Weleda und oft habe ich mir bereits bei Alverde oder andren NK Marken gedacht „Mensch ist das ein toller Duft! Den hätte ich gerne als Parfum“. Ich hoffe da tut sich noch viel mehr in Zukunft. Würde ich mir sehr wünschen :)

  2. Huhu ihr zwei, ein sehr interessanter und wichtiger Beitrag!
    Aber leider fehlen ein paar Gesichtspunkte meiner Meinung nach:

    1. Naturparfums sind zwangsweise erheblich teurer in der Herstellung als ihre synthetischen Pendants, teilweise um das 100fache (Rose, Vanille, echtes Sandelholz in entsprechender Qualität sind einfach sehr teuer aus unterschiedlichen Gründen.).

    2. Es gibt schlicht nicht alle Duftnoten, die man aus konvetionellen Parfums gewohnt ist, in natürlicher Form. EIn Natur-Chanel No.5 wird es nicht geben können. Manche Duftnoten gibt es zwar theoretisch in natürlicher Form, werden aber aus Tierschutzgründen so nicht mehr gewonnen (Moschus ist das Paradebeispiel dafür). Aber nur, weil sich einige Naturparfum-Hersteller auf die „sicheren, einfachen“ Duftnoten „blumig“ und „Zitrisch“ eingeschossen haben, heißt das nicht, dass es keine pudrigen, orientalischen, herben, würzigen oder auch Gourmanddüfte gibt.

    3. Gerade die Hersteller, die auf „Nummer sicher“ gehen, sind in der Regel keine Parfumeure von Hause aus, sondern kommen zuerst aus der Naturkosmetik oder Aromatherapie. Düfte werden dort anders konzipiert als in der Parfumerie. Ihre Verbreitung auf dem Markt ist allerdings dadurch auch größer, einfach, weil sie schon einen Fuß in der Tür haben.Weledas Düfte sind dadurch so weit verbreitet (relativ gesehen). Aber gerade Weledas Konzept, ihre Pflegelinien in Düfte umzusetzen sowie der Name „Jardin de Vie“ (Garten des Lebens) verhindern, dass sie aus der blumig-zitrischen Ecke heraustreten. So entsteht leider ein verfälschtes Bild von Naturparfums – ebenso, wie für viele Menschen Naturkosmetik nur so ist, wie das, was Rossmann und dm zu bieten haben.
    Bei anderen Herstellern bedarf es meiner Meinung nach einfach noch der Zeit und Erfahrung, etwas Gewagteres herauszubringen. „Richtige“ Parfum-Marken wie Florascent oder Aimée de Mars bieten eine größere Auswahl unterschiedlicher Duftrichtungen an, haben aber natürlich den Nachteil, dass sie nicht so einfach Verbreitung finden.

    4. Die verfügbare Menge der Rohstoffe ist begrenzt, Massenproduktion al la Drogerie- oder auch Kaufhaus-Parfum ist bei vielen Herstellern daher gar nicht erwünscht/machbar. Das bedeutet aber natürlich auch, dass der Preis nicht über die Masse gedrückt werden kann. Und auch, dass große Ketten wie Douglas meist nicht beliefert werden können, da die eine gewisse Stückzahl haben wollen.

    5. Es gibt z.B. in den Naturshops der Drogerie Müller eine recht große Auswahl an Naturparfums, die man dort alle beschnuppern kann (Farfalla, Florascent, Melvita, Weleda…). Des weiteren bietet z.B. Florascent Proben an, entweder direkt bei ihnen zu bestellen oder u.a. auch über Wolkenseifen zu beziehen. Farfalla Probensets kann man in dieversen NK-Onkine-Shops erwerben. Die Naturdrogerie bietet als Service an, für ein paar Euro Natur-Parfums aus ihrem Sortiment per Hand als Probe abzufüllen und zu verschicken. Aber ja – es sollten mehr Möglichkeiten zum Schnuppern angeboten werden.

    6. Was den Wunsch nach kostenlosen Proben anbelangt: auch konventionelle Nieschendüfte, die es ausschließlich online oder in kleinen, exklusiven Parfumerien gibt, kann man oft nur durch den Service des Händlers – nicht des Herstellers – als Probe bekommen, und auch das dann, weil in Handabfüllung, gegen Geld. Bis zu 8€ zzg. Versand muss man dann für so ein Röhrchen zahlen – und es wird gezahlt, denn auch 20€ für 2 Proben inkl. Versand zu blechen ist einfacher und günstiger, als einen 100€-Fehlkauf zu tätigen.

    7. Sicher würden kostenlose Schnupperproben auf Papierstreifen einen ersten Eindruck vermitteln, sind aber bei Naturparfums nicht zielführend, da bei der Duftentwicklung die Hautchemie eine wichtige Rolle spielt. Nur weil ein Duft auf dem Probenpapier gut riecht, muss er das noch lange nicht auf meiner Haut tun (auf einer anderen mag er sich wunderbar entwickeln, auf meiner kann er trotzdem wie Erbrochenes riechen). Daher sind kleine Proben zum (mehrmaligen) Auftragen auf die Haut sinnvoll.

    Meiner Meinung nach ist es einfach wichtig, dass man informierte Entscheidungen trifft und um die Alternativen weiß. So, wie die Wirtschaft wahrscheinlich zusammenbrechen würde, würde ganz Deutschland beschließen, vegan zu leben, könnte der Bedarf an Naturparfums für die gesamte deutsche Bevölkerung evenfalls nicht abgedeckt werden – und wird es wohl auch nie. Als Parfums noch ausschließlich Naturparfums waren, weil es nichts anderes gab, war es ein absoluter Luxusgegenstand. Nur ein Bruchteil der europäischen Bevölkerung (unter 10%) konnte sich das leisten. 10% von einer deutlich geringeren Gesamtbevölkerung (max. 300.000). Ich glaube nicht, dass wir wieder dahin zurück kommen (wollen), dass nur zwischen 30.000 und 75.000 Menschen in Europa Parfum benutzen können. Sollten soviele allerdings Naturparfums benutzen, wäre das doch schon toll.

    Ui, das ist jetzt eine Textwand geworden, entschuldigt bitte.

    Herzliche Grüße,

    DoroPhil

    • Hallo Doro,
      bei der Betrachtung von jeder Nuance wäre der Beitrag noch viel viel länger geworden. ;-)

      Grundsätzlich muss Naturparfum nicht teurer sein als herkömmliches Parfum aber du hast Recht dass viele ätherische Öle eben ein ganz anderes Preisgefüge haben als günstige synthetische Duftstoffe. Das haben wir oben aber durchaus erwähnt. Ebenso unterliegen Naturparfume daher auch gewissen Marktschwankungen, denn die Beschaffungspreise sind eben nicht wie bei synthetischen Duftstoffen nahezu konstant.

      Es gibt eben auch nicht alle Duftstoffe, die es bei der synthetischen Parfümerie gibt. Dort werden ja unter anderen völlig neue Duftstoffe kreiert und verschnitten. Das in der Naturparfuerie nachzumachen dürfte unmöglich sein. Es kann bei den synthetischen Aromaherstellern eben mit viel mehr Duftstoffen probiert und experimentiert werden. Das steht völlig außer Frage. Es ist auch richtig, dass manche Duftstoffe nicht mehr auf natürlichem Wege gewonnen werden, wie eben Moschus. Das ist auch gut so! Die sind aber insbesondre als synthetischer Duftstoff auch nicht unbedingt gesund und unbedenklich. Insbesondre polyzyklische Moschusverbindungen würde ich meiden!

      Selbstverständlich ist aber auch bei der Naturparfumerie möglich, andere Duftrichtung zu kreieren, auch das haben wir oben erwähnt. Es ist sogar wichtig, dass noch deutlich mehr Duftvariationen auf den Markt kommen, damit eben alle Aspekte und Kundenwünsche abdeckt werden.

      Dein dritter Punkt ist ein interessanter Aspekt, ich glaube aber nicht, dass das der einzige Grund ist. Die Hersteller wollen eben auch möglichst preislich wettbewerbsfähige Düfte kreieren. Das ist mit zitronig und blumigen Düften am einfachsten möglich, da diese ätherischen Öle einfacher zu beschaffen und günstiger sind. Ich bin aber bei dir, dass das nicht der einzige Grund sein kann.

      Ich glaube aber nicht, dass Verfügbarkeit (auch von Rohstoffen) das Problem ist. Wenn die Hersteller wollen, lassen sich wie bei der Naturkosmetik durchaus größere Mengen auflegen und im Markt platzieren. Dazu gehört aber eben wie oben geschrieben Lobbyarbeit und Marketing. Wenn bspw. bei Douglas (Kaufhaus oder sonstwo) ein Regal steht, das groß farblich abgesetzt ist und wo groß „Naturparfüm, 100% Natürlich“ oder ähnliches drüber steht, so wird es auch in den Köpfen präsent, man schaut hin und greift ggf. zu. Ich glaube schon, dass die Stückzahlen geliefert werden könnten. Auch teure Luxusparfüms sind dort gelistet und haben keine großen Auflagen, sondern werden bei Bedarf nachgeordert. Dadurch, dass gerade Naturparfüms auch reifen müssen, kann man natürlich die Menge nur langsam hochfahren und hat entsprechende Vorlaufzeiten.

      Müller haben wir hier nicht vor Ort, allerdings konnte ich im letzten Müller (große Parfümabteilung, bei meiner Schwiegermutter im Osten) keine Naturparfums entdecken. Mag abhängig von der Filiale sein.

      Proben dagegen gibt es durchaus auch kostenlos. Ich zielte auch darauf ab, eben wenn man als Hersteller nicht überall gelistete ist, so seine Reichweite zu vergrößern. Das ist im Marketing durchaus ein gängiger Weg und günstiger wie große teure Marketing Kampagnen. Ansonsten ist natürlich auch nichts gegen eine kleine Gebühr einzuwenden. Falls das so klang, dann ist das missverständlich formuliert.

      Es gibt tolle Schnupperproben (ich bleibe mal bei deiner Formulierung) als zweilagige Papierstreifen, wo genügend Parfum drin ist um es einmalig auf der Haut zu testen. Als ersten Eindruck empfinde ich das durchaus als ausreichend an. Solche Proben kann man eben sehr einfach in einem Briefumschlag versenden. Solche Proben kann natürlich nur ein Hersteller fertigen lassen. Das insbesondere Naturparfum bei jedem anders riecht, sich anders entwickelt und mit der Körperchemie reagiert, steht absolut außer Frage.

      Abschließend zum letzten Punkt: Naturparfum wird niemals die konventionellen Düfte verdrängen, das wird auch die Naturkosmetik bei der klassischen Kosmetik nicht schaffen. Muss auch nicht sein, jeder soll so leben und sich damit einnebeln, womit er möchte. Solange die Umwelt (Mikroplastik, schwer abbaubare Stoffe, …) oder andere Personen nicht geschädigt werden. Ich glaube aber schon, dass es einen großen Markt für Naturparfum gibt, der auch bedient werden könnte. Hier sind durchaus Chancen vorhanden. Die Aromahersteller und kleinen Manufakturen müssten aber mutiger und experimentierfreunlicher werden. Die Auswahl müsste größter werden und der Zugriff auf Naturparfums müsste einfacher sein.

      Zum Thema Experimentierfreudig: So gibt es bspw. in den USA jemanden, der überall unterwegs aus Wildblumen, Pflanzen, Rinde, Moos, Pilzen und Baumteilen destilliert und daraus kleine „Limited Editions“ von Naturparfumen kreiert und anbietet. Hammer geiles Konzept! Leider von Europa aus nicht bestellbar.

      Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und die interessanten Aspekte. Meine Antwort ist jetzt auch verdammt umfangreich geworden. ;-) Übrigens hat die Serie nicht nur zwei Teile und dein Kommentar und meine Antwort hat schon Thematiken aus weitere Teilen aufgegriffen. Hoffe Michaela (die den nächsten Teil geschrieben hat) ist mir da jetzt nicht böse. ;-)

      LG

  3. Ich bin gerne bereit, einen hohen Preis für Naturparfum zu zahlen, Aaaaaber: entweder duften sie zu schwer, süß, stark oder fast gar nicht. Ich hatte von Florascent mal eines mit Rose, welches traumhaft war…beim Aufsprühen. Danach war es verflogen, schade eigentlich.

  4. Ich stimme zu, dass es wesentlich schwerer ist, „sein“ Naturparfum zu finden als ein herkömmliches Parfum, weil eben oft der direkte Zugang fehlt. Viele meiner Freundinnen, die keine NK benutzen und eher offline ihre Kosmetik und Parfums kaufen, wissen schlicht von der Existenz eines Naturparfums nichts.

    Ich bin froh, mein Naturparfum gefunden zu haben, was auch, entgegen des Stroms, pudrig duftet und nicht, wie so viele, zitrisch oder blumig daherkommt.

    Liebe Grüße!
    Meike

  5. Eine sehr aufschlussreiche Themenreihe, die ich sehr gern gelesen habe!
    Ich muss aber sagen, ich als absoluter NK-Fan stehe Naturdüften inzwischen ziemlich skeptisch gegenüber. Dadurch, dass wir einen Müller Naturshop in der Stadt haben und ich auch online schon das ein oder andere Pröbchen bestellt habe, habe ich mich sicher schon durch an die 20 Düfte geschnüffelt und mochte sie alle gar nicht. Entweder es wird ein zu kleines Spektrum abgedeckt, nämlich das krautig-zitronige (mag ich beides nicht), die die Düfte entsprechen mir einfach in keinster Weise (zB Aimee de Mars – die immerhin sowas wie Duftkomposition beherrschen ;) ). Auch die Weleda-Düfte mag ich an mir leider gar nicht.
    So ein Fall von: ich würde es aus Prinzip gerne mögen, kann mich aber so gar nicht dafür erwärmen. Eigentlich macht das aber auch nichts, weil meine „Altbestände“ mich sicher noch über die nächsten 2 Jahre bringen. Und danach gucke ich dann gerne nochmal, was der Markt so hergibt :)

    Liebe Grüße,
    Kati

    • Vielleicht findet sich ja bei den Düften, die wir noch vorstellen, etwas für dich. Aber du hast schon recht, das Spektrum bei Naturparfum ist leider noch recht klein.

      LG Michaela

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein