Wir haben uns im dritten Teil mal angeschaut, mit welchen Nachteilen, Widrigkeiten und Vorurteilen Naturparfums zu kämpfen haben. Aber auch, welche Vorteile Naturparfum gegenüber konventionellen Düften hat.
Nachdem wir uns in Teil 1 damit beschäftigt haben, warum es empfehlenswert ist, Naturparfums zu verwenden und in Teil 2 die Marktsituation für Parfums beleuchtet haben, betrachten wir heute einmal näher, mit welchen Nachteilen, Widrigkeiten und Vorurteilen Naturparfüms zu kämpfen haben. Doch sind es wirkliche Nachteile oder vielleicht auch Alleinstellungsmerkmale?
Die Vielfalt der synthetischen Duftstoffe
Sämtliche natürlichen Düfte können heutzutage synthetisch erzeugt werden. Dafür werden die natürlichen Duftstoffe in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und diese dann künstlich nachgebaut. Die daraus resultierenden Duftstoffe sind kaum von den ursprünglichen zu unterscheiden.
Doch nicht nur das, synthetische Düfte ermöglichen außerdem eine deutlich größere Vielfalt an Kompositionen. So gibt es zwischenzeitlich Duftkombinationen, die auf natürliche Weise niemals entstanden wären. Diese lassen keinerlei Assoziationen mehr zu natürlichen Aromen zu, da sie rein synthetisch erzeugt wurden. Damit werden immer wieder neue und ausgefallenere Kreationen möglich. Dies ist mit natürlichen Duftstoffen nicht zu erreichen, vor allem, wenn man den Anspruch hat, diese nur aus pflanzlichen Rohstoffen zu generieren.
Deshalb gibt es für einen Parfümeur, der ein konventionelles Parfum kreiert, ca. 3.000 verschiedene Duftstoffe, während einem Naturparfümeur nur etwa 300 zur Verfügung stehen. Dies relativiert sich allerdings dadurch ein wenig, da jedes natürliche ätherische Öl aus einer Vielzahl an Komponenten besteht, z.B. ein Tropfen Rosenöl aus über 300 Einzelsubstanzen. Andere ätherische Öle bestehen sogar aus bis zu 400 und mehr einzeln identifizierbaren Molekülen, deren Zusammensetzung von Ernte zu Ernte durchaus schwanken kann.
Außerdem werden einige natürliche Duftstoffe aus Gründen des Tierschutzes (bspw. Moschus) nicht mehr verwendet. So ist der Import und die Verwendung des teuren Moschus-Duftstoffes in Europa bereits seit 1978 verboten und die Jagd auf das hirschartige Moschustier in vielen Ländern verboten. Das ist auch gut so, wenn man bedenkt, dass für 1 kg des Lockstoffes des Moschustieres knapp 160 Tiere sterben mussten. Es gibt aber durchaus pflanzliche Alternativen, die dem Duft des Moschus nahe kommen und damit anstelle synthetischer Moschusverbindungen bei Naturparfums eingesetzt werden können.
Ein konventionelles Parfüm besteht also in der Regel aus deutlich mehr Einzelkomponenten als ein Naturparfum, da synthetische Duftstoffe nur dem ursprünglichem Duft nachempfunden sind und nicht die komplette Komplexität des natürlichen Duftstoffes widerspiegeln. Ob dies für ein Naturparfum letztlich ein Nachteil ist, auf weniger Duftstoffe zurückgreifen zu können, bleibt erstmal dahingestellt.
Naturparfüms duften nicht immer gleich
Ein weiterer Vorteil von synthetischen Düften ist die Tatsache, dass sie immer gleich riechen. Dadurch können immer wieder genau identisch duftende Parfums hergestellt werden. Natürliche Duftstoffe hingegen können je nach Ernte leicht unterschiedlich duften, wodurch Naturparfums unterschiedlicher Chargen minimal anders riechen können. Auch wenn die Naturparfümeure versuchen, dies mit viel Aufwand auszuschließen, gibt es keine Garantie, dass man zu 100% den selben Duft nachkauft.
Somit ist ein Naturparfum – ähnlich wie ein Wein – durchaus ein Jahrgangs-Parfüm. Wenn einem ein Duft sehr gut gefällt, macht es somit manchmal Sinn einen Duft auf Vorrat in den Schrank zu legen. Gerade diese Individualität ist aber auch ein Vorteil von Naturparfum, auch wenn es zunächst als Nachteil erscheint. Entgegen einem aus synthetischen Duftstoffen hergestellten Parfüm steckt ein Naturparfüm voll lebendiger Energie, was jeden Duft aufs neue einzigartig macht.
Preisschwankungen bei Rohstoffen
Natürliche Düfte sind des Weiteren aufgrund äußerer Bedingungen sehr starken Preisschwankungen unterworfen. Fällt die Ernte aufgrund von Witterungsbedingungen schlechter aus, kann der Preis deutlich steigen. Dieses Risiko muss bei einem Naturparfum natürlich mit kalkuliert werden und der Preis kann dadurch nicht extrem niedrig sein. Diese Problematik entfällt für synthetische Düfte, wodurch sie sehr preisstabil sind.
Ebenso ist die Herstellung von synthetischen Duftstoffen deutlich weniger arbeitsintensiv, als die Gewinnung natürlicher ätherischer Öle durch Destillation. So sind natürliche Pflanzenöle durch ihre aufwändige Gewinnung häufig sehr teuer. Man benötigt beispielsweise fünf Tonnen Rosenblüten, um ein Kilogramm reines Rosenöl zu extrahieren. Wie hoch der Preis dieses Öls am Ende sein muss, kann sich wohl jeder ausrechnen, der schon einmal Rosen gekauft hat. Zumal man dafür auch nicht einfach jede x-beliebige Rose verwenden kann. So sind Großhandelspreise von 3.000 € bis hin zu 10.000 € pro Kilogramm Rosenöl nicht wirklich verwunderlich.
Um ein Naturparfum trotzdem noch zu einem am Markt akzeptierten Preis zu verkaufen, ist die Gewinnspanne natürlich deutlich geringer als bei einem synthetischen Duft in gleicher Preisklasse. Ein Großteil der Kosten, die bei herkömmlichen Düften in Marketing und Werbung fließen, stecken bei Naturparfum in Produktion und Rohstoffen und weniger in Marketing und Werbung.
Haltbarkeit und Verbindung mit der Haut
Synthetische Düfte haften besser auf der Haut als natürliche, wodurch die Haltbarkeit des Parfums deutlich gesteigert wird. Während ein Naturparfum meist nach ein paar Stunden verflogen ist und neu aufgetragen werden muss, sind synthetische Düfte oft auch viele Stunden später noch wahrnehmbar.
Außerdem verbinden sich natürliche Duftstoffe ganz anders mit der Hautchemie als synthetische Düfte, was dazu führt, dass sie auf jeder Haut anders riechen. Das macht es etwas schwieriger, das Naturparfum zu finden, das perfekt zu einem passt. Was bei dem oder der einen richtig gut riecht, kann bei jemand anderem nur durchschnittlich oder gar unangenehm duften. Synthetische Düfte sind dagegen so konzipiert, dass sie an allen Konsumenten weitestgehend gleich riechen.
Das macht es für den Konsumenten viel einfacher, in einer konventionellen Parfümerie seinen Duft zu finden. Synthetische Düfte haften in der Regel nicht nur besser auf der Haut, sondern „übermalen“ regelrecht den Körpergeruch seines Träger. Konventionelle Parfüms aus synthetischen Duftstoffen reagieren außerdem deutlich weniger mit der Hautchemie des Trägers, wodurch Kaufinteressierte anhand von Teststreifen bereits einen guten Eindruck des Dufts bekommen.
Natürliche Düfte auf Basis von ätherischen Ölen haben dagegen die Eigenschaft, sich mit dem Duft der Haut zu verbinden. Mit der eigenen Körperchemie entsteht so ein individueller Duft, der die Aura seines Trägers in einem gewissen Sinne unterstreicht. Der Duft eines Naturparfums ist somit immer eine Kombination des Parfüms und der eigenen Hautchemie und somit auch so individuell wie sein Träger.
Da Naturparfum mit der Hautchemie reagiert, braucht der Duft auch länger, um sich zu entfalten. Einen Duft in der Parfümerie „Probe zu riechen“ und direkt zu kaufen ist bei Naturparfum somit deutlich riskanter, da man direkt nach dem Aufsprühen noch gar nicht weiß, wie sich der Duft auf der eigenen Haut entwickelt. Viele Naturparfums benötigen 30-60 Minuten um sich voll zu entfalten. Ebenso kann man ein Naturparfum nicht anhand eines kurz angesprühten Teststreifen beurteilen. Es kann lediglich als erste Einschätzung dienen, um abzuschätzen, ob einem die Duftrichtung überhaupt zusagt.
Wahrnehmung von natürlichen Duftstoffen
Durch all diese Widrigkeiten ist es natürlich deutlich schwieriger, ein Naturparfum zu kreieren, das einen Mainstream-tauglichen Duft hat, lange auf der Haut haftet und zudem dauerhaft zu einem bezahlbaren Preis angeboten werden kann. Die Gewinnspanne für Naturparfums ist dadurch natürlich auch deutlich geringer als für Parfums aus synthetischen Düften.
Hinzu kommt, dass unsere Nasen durch die allgegenwärtigen synthetischen Düfte schon so abgestumpft sind, dass sie die feinen Nuancen von natürlichen Duftstoffen gar nicht mehr wahrnehmen können. Das ist das gleiche Problem wie mit den vielen künstlichen Aromen in Joghurt, die dazu führen, dass ein Naturjoghurt mit Erdbeeren dagegen regelrecht fad schmeckt. Deshalb muss man sich deutlich bewusster auf Naturparfums einlassen und sich selbst einige Tage Zeit geben, um sich an die geringere Intensität und das andere Geruchsempfinden einzulassen. Dazu ist allerdings nicht jeder Nutzer von Parfum bereit.
Allergiepotenzial durch ätherische Öle
Immer wieder wird angeführt, dass ätherische Öle in Naturparfums oder Naturkosmetik für Allergien verantwortlich sind. Auch uns ist dies in mehreren Gesprächen immer wieder als Vorurteil vorgetragen worden. Viele Konsumenten denken in diesem Zusammenhang immer direkt an natürliche, durch Destillation gewonnene ätherische Öle und nahezu gar nicht an synthetische Duftstoffe. Aber ist dem wirklich so?
Knapp 10% der Menschen hat eine Allergie gegen einen oder zwei Stoffe. Von wiederum diesen haben ein bis zwei Prozent eine Allergie auf Duftstoffe. Eine Studie die durch das Umweltbundesamt durchgeführt wurde, ergab, dass es ungefähr eine halbe Million Duftstoff-Allergiker in Deutschland gibt.
Dabei ist es aber völlig unabhängig, ob es sich um natürliche ätherische Öle oder aber um synthetische Duftstoffe handelt. Es ist zudem unerheblich, ob die Duftstoffe in Parfüm eingesetzt werden oder in Shampoo, Duftkerzen, Weichspüler oder Waschmittel.
Einige Stoffe sind dabei problematischer als andere Stoffe. So bspw. auch der nach Maiglöckchen riechenden synthetische Duftstoff Lyral (HICC) der in vielen konventionellen Düften eingesetzt wird. Ebenso gehören dazu unter anderem Citral, Farnesol und Linalool. Laut Kosmetikverordnung müssen diese Stoffe (insgesamt 26 Duftstoffe) daher auf kosmetischen Produkten angegeben werden, wenn eine festgelegte Konzentration überschritten wird. Dabei ist es völlig unerheblich, ob diese Duftstoffe synthetisch generiert wurden oder als Bestandteil eines ätherischen Öls ins Produkt gekommen sind.
Sowohl künstliche als auch natürliche Duftstoffe können also Auslöser für Allergien sein. Es spielt diesbezüglich keine Rolle, ob man einen konventionellen Duft oder ein Naturparfüm nutzt. Der Unterschied besteht aber darin, dass der menschliche Körper natürliche ätherische Öle als natürlich erkennt und diese relativ schnell wieder ausscheidet. Mit der Verarbeitung von syntetischen Stoffen tut sich die Biochemie unseres Körpers dagegen deutlich schwerer, wodurch diese sich im Körper anreichern können. Zudem verzichtet Naturparfüm auf viele weitere bedenkliche Zusatzstoffe, die ebenfalls Allergien auslösen können (siehe auch Teil 1).
Esoterische Wirkung von ätherischen Ölen
Ätherischen Ölen werden verschiedenste Wirkungen auf Psyche und Geist zugeschrieben. Seit Jahrtausenden werden ätherische Öle bereits in Medizin und für Kosmetik eingesetzt. So werden ätherische Öle im naturheilkundlichen, sowie im esoterischen und spirituellen Bereich gerne verwendet, um um Einfluss auf Wohlbefinden, Harmonie und Gesundheit zu nehmen.
Die Aromatherapie selbst gilt dabei als uralte Heilmethode, die zwischenzeitlich auch von der Schulmedizin anerkannt wird, wenn auch zuvor lange belächelt. So setzen auch Kliniken inzwischen Duftaromen immer häufiger als ergänzende Heilverfahren ein. Vereinzelte Studien zeigen, das ätherische Öle / natürliche Duftstoffe bspw. gegen Angst, Schmerzen, Schlafstörungen, Depression oder Übelkeit wirken.
Ätherische Öle in Cremes, Ölen und Parfüm können so nicht nur Wohlgefühl vermitteln, sondern auch gezielt entspannend wirken oder anderweitig gezielt positiv auf den Körper einwirken. Mit Naturparfüms lässt sich so gezielt auch Einfluss auf den eigenen Gemütszustand nehmen und z.B. eine stimmungsaufhellende Wirkung erzielen. Mit synthetischen Duftstoffen ist dies nicht möglich, da diese nicht der Komplexität des natürlichen Duftstoffes entsprechen, sondern nur dem ursprünglichen Duft in möglichst einfacher Form nachempfunden sind.
Zusammenfassung
- Naturparfüm ist so individuell wie sein Träger
- Naturparfüm enthält weniger problematische Inhaltsstoffe als konventionelle Düfte
- Naturparfüm kann Einfluss auf Wohlbefinden, Harmonie und Gesundheit nehmen
- ätherische Öle sind weniger problematisch für die Umwelt als synthetische Stoffe (Abbaubarkeit, …)
- Es ist komplizierter, „sein“ Naturparfum zu finden
- Bei konventionellen Düften gibt es mehr Duftstoffe und Kombinationsmöglichkeiten
- Naturparfüms riecht eventuell je nach Charge leicht anders
- Naturparfüme unterliegen Preisschwankungen
- Der Duft von Naturparfüm hält nicht so lange wie konventionelle Düfte
Dennoch haben sich einige Hersteller an diese Wagnisse heran getraut und bieten Naturparfums mit tollen Düften zu durchaus fairen und erschwinglichen Preisen an. Andere verwenden auch hochpreisige natürliche Duftstoffe und platzieren sich im Luxussegment. In den nächsten Tagen werden wir euch einige dieser Düfte vorstellen. Schaut doch einfach mal rein.
Weitere Informationen:
https://www.parfumo.de/Lexikon/Die_Vielfalt_der_Duftstoffe
https://www.welt.de/gesundheit/article138551079/So-wirken-aetherische-Oele-in-der-Therapie.html
Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Naturdüfte sind wirklich eine sehr gute Alternative. Kann ich nur jedem empfehlen!
Mit besten Grüßen
Sebastian